Du läufst Menschen afrikanischer Herkunft
über den Weg und redest sie erstmal nicht in der hier gängigen
Landessprache an. Du hörst den Begriff "Schwarz" - und spulst
im Geiste diverse Klischees ab: von nackter glänzender Haut,
"Yo brother!"-Hip Hop, bis hin zum "bösen schwarzen Mann".
Bilder Schwarzer Menschen als "die Andersartigen",
"Fremden", "Exotischen". Allesamt gängige Stereotypen hier in
Österreich - mit einer jahrhundertelangen Tradition. Die
Realität der Schwarzen Community, die hier in Österreich ihren
Lebensmittelpunkt hat, zum Teil hier geboren und aufgewachsen
ist, bleibt dabei unsichtbar.
Diese verborgene
Geschichte - die Schwarze österreichische Geschichte - wird
jetzt erstmals einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich
gemacht: Verborgene Geschichte/n, Remapping Mozart, so der Titel eines
Kunstprojekts, das bis Herbst 2006 in einer Reihe von
Ausstellungen, Veranstaltungen und Kunstaktionen die
verdrängte, verborgene Geschichte Österreichs bis zurück in
die Zeit Mozarts aufrollt und Geschichte/n erzählt, abseits
der gängigen Mainstream-Erzählung, die wir so schön
identitätsstiftend in unseren Schulen und durch die Medien zu
hören bekommen, und die uns den Blick für vielfältigen
Realitäten in der Gegenwart
versperrt.
Um über die
aktuelle und sehr ähnliche Situation der hunderttausenden
Schwarzen Deutschen und Strategien zur Selbstermächtigung zu
sprechen war Noah Sow heute, Montag, in Connected zu
Gast. Sie ist Moderatorin, Musikerin, Radiomacherin und aktiv
im Verein der Braune Mob, Schwarze Deutsche in Medien
und Öffentlichkeit.
Hier gibt es Auszüge aus dem
Interview zum Nachlesen und das gesamte Interview zum
Nachhören.
Noah Sow im Interview
Wie erlebst du denn die Art der Darstellung
Schwarzer Menschen in deutschen Medien?
Inzwischen ist das ja schon so fortschrittlich, dass
man sich nicht mehr ausschließlich über Schwarze lustig machen
kann und sie lächerlich darstellt, mit irgendwelchen Knochen
im Haar oder als Unpersonen oder so. Das kommt zwar auch noch
leider ab und zu vor - inzwischen ist es ein bisschen subtiler
geworden: Schwarze werden grundsätzlich reduziert auf so
Geschichten wie Sport, Sex oder Show und Musik, aber man sieht
ganz selten eine Abbildung der Realität. Ich weiß nicht, wie
es in Österreich ist, in Deutschland ist es schon so, dass es
schwarze Anwälte gibt, Banker, schwarze Leute bei
Stadtverwaltungen, Busfahrer, das spiegelt sich ganz normal in
der Bervölkerung wieder. Es gibt mehrere hundertausend
Schwarze in Deutschland und das wird aber von den Medien nicht
aufgenommen, Schwarze sind da ganz oft nur ein Objekt und
nicht einfach ganz normale Leute wie im wirklichen Leben. In
Filmen zum Beispiel ist es auch so: Grundsätzlich ist der Cast
von einem deutschen Film weiß - Schwarze kommen nur vor, wenn
sie eine Funktion haben, also einen unheimlichen Mann
darstellen, einen Dealer, einen DJ oder es thematisiert sind,
dass sie schwarz sind, also, dass sie ausgewiesen werden
sollen. Aber dass ganz normal - wie in echt auch - einem eine
Krankenschwester übern Weg läuft, die schwarz ist, das
passiert da nicht.
Noah
Sow
Das sind auch Zerrbilder und Stereotypen, die
eine sehr lange Tradition haben, zum Teil Jahrhunderte alt
sind. Warum sind rassistische oder exotisierende Klischees in
Bezug auf Schwarze Menschen dermaßen resistent?
Weil die nicht bekämpft werden. Die Mehrheit in
Ländern wie Deutschland oder Österreich ist ja nicht schwarz
und deswegen haben die kein Problem damit, weil es sie nicht
unmittelbar betrifft. Zur Kolonialzeit z.B. hat man in
Deutschland Schwarze mit Absicht brutal als Unmenschen und
Untermenschen dargestellt, in Comics, auf Postkarten, um zu
rechtfertigen, dass man diese Menschen töten und ausbeuten
darf - darüber gibt es sehr viele Ausstellungen in letzter
Zeit in Deutschland. Dann wurden Rassentheorien
entwickelt, die natürlich schon lang entkräftet sind, aber
diese Zerrbilder wurden nie so dekonstruiert wie sie damals
konstruiert wurden. Es steht in keinem Schulbuch, wie es dazu
kam, dass Schwarze Menschen so dargestellt werden durften und
was man heute dagegen tun kann, dadurch lebt das natürlich
fort. Es ist auch immer noch nicht obligatorisch, dass man
sich an deutschen Schulen mit der kolonialen Geschichte
Deutschlands beschäftigt, was ich für komisch halte, denn es
ist ja Geschichte und es gibt Geschichtsunterricht. Trotzdem
gibt es ganze Bundesländer, in denen lernt man darüber kein
einziges Wort.
(Foto: Dirk
Eusterbrock)
title:
Interview mit Noah Sow, Teil 1 length:
5:24 MP3 (5.182MB) | Realaudio | WMA
title:
Interview mit Noah Sow, Teil 2 length:
5:54 MP3 (5.663MB) | Realaudio | WMA
remappingmozart.mur.at Was verschweigt die
Geschichtsschreibung, welche Stereotype tradiert sie? "Remapping Mozart"
nennt sich ein Wiener Kunstprojekt, das verfestigten Klischees nachspürt
und diese zu sprengen versucht. Zu sehen bis Herbst an verschiedenen
Ausstellungsorten in Wien.
boykottnestle
| vor 6 Tagen, 21 Stunden, 42 Minuten gott sei dank... ...gibt es ja vereinzelt auch
positive entwicklungen. in meinem freundeskreis hat sich durch kontakt zu
etlichen verschiedenen nationalitäten ein sehr offenes, angenehmes klima
entwickelt. diese öffnung und weiterführernde kontakte wurde fast immer
durch den kontakt zu künstlern aus den verschiedensten kreisen in gang
gesetzt. sehr stark macht sich da der verein08.at als auftrittsmöglichkeit
für künstler aus aller welt und asylwerber unter dominik nostitz. ohne
nenneswerte förderungen. er zahlt sogar die miete aus eigener tasche. aber
die freude daran, wie diese oft heimatlosen aufblühen, wenn sie wieder
wahrgenommen werden, ist es ihm wert. er trifft diese, da er
rechtsberatung für solche fälle macht. auch aladinsani.com zählt zu den
mitbegründern. ein guter bekannter für fm4 hörer. er mußte nach nigeria
zurück, weil sein visum...blah. initiativen sind da. nur die
förderungen sehr bescheiden. peace, b <<
mrcooljelly
| vor 7 Tagen, 18 Stunden, 20 Minuten Der direktere Link zu remapping mozart-black awareness:
http://tinyurl.com/ox2v3
Allerdings ist das sprachlich sehr
angestrengt. Und "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan" stammt aus
Othello und ist keine bloße Redewendung, genau genommen zeigt es
vielleicht sogar so etwas wie Problembewusstsein bei Shakespeare. <<
smartie4
| vor 6 Tagen, 20 Stunden, 10 Minuten shakespeare's othello entspricht dem klischee, das oben
beschrieben wird. <<
mrcooljelly
| vor 3 Tagen, 21 Stunden Und welchem
Klischee entspricht Shakespeare weil er es thematisiert hat?
PS.
Dennoch schwurbeliger und angestrengter Text bei remapping Mozart.
<<